Für eine bäuerliche Landwirtschaft – ohne Tierquälerei und Antibiotikaeinsatz

06.02.12 –

Der Kreisverband B´90/Die Grünen Landshut-Land hatte am 2. Februar zu der Veranstaltung „Welches Schweinderl hättens denn gerne? - Für eine bäuerliche Landwirtschaft – ohne Antibiotika und Tierquälerei“ nach Hohenthann eingeladen. Die grüne Kreisvorsitzende Rosi Steinberger konnte im überfüllten Saal des Gasthofes Vilserwirt über 200 Besucherinnen und Besucher begrüßen. Darunter auch den 1. Bürgermeister Peter Dreier sowie viele Hohenthanner Gemeinderäte und den Geschäftsführer des Wasserzweckverbandes Rottenburger Gruppe, Manfred Kraheberger.

Rosi Steinberger stellte erfreut fest, dass sich immer mehr Menschen dafür interessieren, wo ihre Lebensmittel herkommen und unter welchen Bedingungen bei uns Tiere gemästet werden. Auch die Auswirkungen der intensiven Tiermast auf die Umwelt werde immer stärker diskutiert. „Für uns ist es ganz wichtig, dass wir diese Diskussion mit den Landwirten führen“, so Steinberger. Die Industrialisierung der Landwirtschaft führe immer mehr dazu, dass Bauern zu Lohnunternehmern auf dem eigenen Hof werden, die das ganze Risiko tragen, aber die Gewinne bei den Lebensmittelkonzernen bleiben. Anschließend richtete der Landshuter Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Gambke das Wort an die Versammlung. Er sprach das Thema "Wachstum" an und dass es in einer begrenzten Welt kein unbegrenztes Wachstum geben könne.



Die Mast von Schweinen und Hähnchen habe in den letzten 15 Jahren im Landkreis Landshut enorm zugenommen, so der agrarpolitische Sprecher von B´90/Die Grünen Konrad Haberberger.  Gab es 1995 ca. 90.000 Schweinemastplätze, so waren es im Jahre 2011 bereits über 250.000. Bei den Masthähnchen war die Entwicklung noch rasanter: 1995 waren es ca. 83.000 und aktuell gibt es bereits über 600.000 Hähnchenmastplätze im Landkreis Landshut. Mit dem Landkreis Dingolfing zusammen haben beide Landkreise insgesamt über 1 Million Masthähnchenplätze.

Immer mehr Schweinemastbetriebe würden zudem in agrarindustrielle Dimensionen hineinwachsen. So auch im Landkreis Landshut. Nicht wenige Schweinemastbetriebe im Landkreis Landshut haben Tierbestände zwischen 1.500 - 9.000 Schweinen.  Die Gemeinde Hohenthann sei die "schweinedichteste" im gesamten Landkreis. 60.000 Schweinemastplätze in Hohenthann ergeben ca.  170.000 gemästete Schweine pro Jahr, bei einer Zahl von 4.000 Einwohnern. .

Es brodle immer mehr unter der Bevölkerung. Vielen Hohenthanner Bürgern stinke es mittlerweile gewaltig. Kein Wunder bei einer anfallenden Güllemenge von ca. 160.000 cbm pro Jahr, meinte Haberberger.  Die Folge davon seien ständig steigende Nitratwerte im Hohenthanner Trinkwasser. Von 2005 auf 2011 habe der Nitratgehalt von ca. 28 mg/l auf ca. 38 mg/l zugenommen. Der Grenzwert liege bei 50 mg/l. Auch Pflanzenschutzmittel bedrohen die Qualität des Trinkwassers. Ein Wirkstoff habe bereits den zulässigen Grenzwert erreicht.

Die Landwirtschaftspolitik der EU- und der Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner hätten viele Konsumenten satt, meinte Konrad Haberberger. Die Mehrzahl der Verbraucher würden sich gesunde Lebensmittel aus einer bäuerlichen Landwirtschaft wünschen. Ohne Gentechnik und ohne den massiven Einsatz von Antibiotika in der Mast, die das Entstehen von multiresistenten Keimen fördern würde. Eine artgerechte, flächengebundene Tierhaltung und eine umweltverträgliche Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen in bäuerlicher Hand, sei die klare Alternative zur derzeitigen Industrialisierung der Landwirtschaft, so Haberberger.



Der agrarpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion und Biobauer in Ostwestfalen MdB Friedrich Ostendorff berichtete, dass die Geflügelfleischerzeugung die derzeit hässlichste Form der Tierhaltung sei : 22-24 Tiere auf einem Quadratmeter, mit sechs Wochen Intensivmast auf eigenem Kot und daraus folgenden schmerzhaften Fußballen-Entzündungen. Das sei der Preis für billiges Geflügelfleisch. Die noch einseitiger qualgezüchteten Mastputen würden die letzten Wochen der Mast oft nur noch durch Zufütterung von Schmerzmitteln ertragen. Antibiotika sei der „Treibstoff“ in der Geflügelmast. Ohne den massiven Einsatz von Antibiotika wäre schon lange die Massentierhaltung von Geflügel, Puten und Schweinen zusammengebrochen. Bei einer Studie in Nordrhein-Westfalen sei vor kurzem festgestellt worden, dass 96 % des Geflügels bis zu 8 mal mit Antibiotika während der Mastzeit von 32 Tagen behandelt worden sei.

Warum die Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner für die Abschaffung der Ferkelkastration eine fünfjährige Übergangsfrist einräumen wolle, sei nicht nachzuvollziehen, da hiermit das weitere Leiden von über 100 Millionen Ferkeln einhergehe. Die betäubungslose Kastration sei eine Tierquälerei, die sofort abgeschafft werden müsse. Auch schmerzhafte Eingriffe wie das Schnäbel und Schwänze kürzen lasse Frau Aigner nach wie vor zu. Hier müssten schnell Verbote ausgesprochen werden, so Ostendorff. Haltungsformen, die die Grundbedürfnisse der Tiere missachten würden, wie dauerhafte Anbindehaltung von Kühnen, Schweinehaltung auf Vollspaltenböden oder zu hohe Besatzdichten bei der Mast, müssten verboten werden.

Der größte Teil der heutigen Tierhaltung sei darauf ausgerichtet, Unmengen von Fleisch und Wurstwaren zu Dumpingpreisen zu erzeugen. Dies habe weitreichende negative Auswirkungen zur Folge. Intensivhaltung bedrohe unser Klima – sie sei für 18 Prozent der globalen Treibhausemissionen verantwortlich. Zu viel Fleisch gefährde die weltweite Ernährungssicherheit.  Schon heute würden 30 Prozent der Weltgetreideernte in die Futtertröge wandern. Deutschland nutze bereits 2.5 Millionen Hektar Landfläche in Südamerika für den Sojaanbau.

Die industrielle Tierhaltung schade den ländlichen Räumen. Sie greife in gewachsene Wirtschaftsstrukturen ein und zerstöre die Lebensqualität in den Dörfern. Und nicht zuletzt gefährde eine fleischlastige Ernährung die eigene Gesundheit. Zu hoher Fleischkonsum erhöhe das Risiko an Diabetes und Herz-Kreislaufleiden zu erkranken. Ein Umsteuern bei Massentierhaltung und übermäßigem Fleischkonsum sei daher unausweichlich. Klasse statt Masse müsse auch hier zum Prinzip werden, meinte Ostendorf. Auch müsse die Verbrauchertäuschung in der Werbung verboten werden. Damit nicht länger mit ländlicher Bauernhofidylle und freilaufenden Tieren geworben werde, wo Massentierhaltung die Wirklichkeit sei.  Der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung müsse streng reglementiert werden, damit Antibiotika-Resistenzen bei Keimen verhindert werden und die Medikamente für den Menschen wirksam bleiben würden.

Öffentliche Fördergelder dürften nur noch an eine flächengebundene Tierhaltung mit Mindeststandards für Tier- und Umweltschutz gewährt werden, damit Steuergelder nicht länger in nicht gesellschaftlich akzeptierte Haltungsformen fließen würden.

Ostendorf rief die anwesenden Landwirte dazu auf, sich selbst in die Verarbeitung und Vermarktung ihrer Produkte einzuschalten und dies nicht mehr ausschließlich denn immer größer werdenden Verarbeitungskonzernen wie Vion und den Lebensmittelketten zu überlassen. Viele Verbraucher würden sich gesunde Lebensmittel aus regionaler Erzeugung wünschen, äußerte Ostendorff abschließend.

Eine sehr rege Diskussion schloss sich dem Vortrag von MdB Friedrich Ostendorff an. Dabei wurde deutlich, dass auch viele anwesende Landwirte nicht glücklich sind mit der gegenwärtigen Situation in der Landwirtschaft und sich auch durch den Bauernverband nicht mehr ausreichend in ihren Interessen vertreten sehen.

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