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03.09.18 –
Rund 150 Zuhörer waren gestern in den Europagarten zwischen Freyung und Hofgarten gekommen, um, so die grüne Landtagsabgeordnete Rosi Steinberger, „einem der beliebtesten Politiker Deutschlands“ zu lauschen. Dabei war der Ort für Cem Özdemirs Landshut-Visite durchaus bewusst gewählt, wie Ludwig Hartmann, Spitzenkandidat der bayerischen Grünen für die Landtagswahl am 14. Oktober, feststellte: Eine Regierungsbeteiligung der Grünen gebe es nur in einer pro-europäischen Regierung. „Das ist nicht verhandelbar.“
Nach Hartmanns kurzer Einführungsrede (in der sich der 40-Jährige auch mit Themen wie Klimaschutz und Chancengerechtigkeit beschäftigte), ging das Wort an Cem Özdemir. Dieser hatte Landshut gerade aus Richtung Altfraunhofen erreicht, wo er den ersten Termin dieses Sonntags wahrgenommen hatte. Özdemir sprach zunächst aber über den Ort, den er einen Tag zuvor, am vergangenen Samstag besucht hatte: Chemnitz.
„Ich bin nach Chemnitz gefahren, weil ich meiner Trauer darüber Ausdruck verleihen wollte, dass dort ein Mensch getötet und zwei weitere schwer verletzt worden sind“, nahm Özdemir Bezug auf den Auslöser der jüngsten Demonstrationen und Zusammenstöße in Sachsens drittgrößter Stadt. Denn: „Man darf dieses wunderschöne Chemnitz nicht den Rechtsradikalen überlassen.“ Jener Geist, der Deutschland schon einmal in den Abgrund geführt habe, dürfe nie wieder eine Mehrheit bekommen.
Deutlich wurde Özdemir dann, als es um die Verfassungstreue der AfD ging, einer Partei, die Wladimir Putin näher stehe als dem deutschen Grundgesetz. Özdemir: „Wofür gibt es einen Verfassungsschutz, wenn es eine Partei gibt, die geradezu danach bettelt, beobachtet zu werden?“
Eine Beobachtung, die Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gerade erst abgelehnt hatte. Auf einen von Seehofers Vorgängern in diesem Amt, Hans-Peter Friedrich (ebenfalls CSU), nahm Özdemir in Folge Bezug, als er auf die Zusammenhänge von Fluchtbewegungen und der Notwendigkeit europäischer Lösungen Bezug nahm: Bereits vor Jahren habe sich Italien („damals noch nicht populistisch regiert“) angesichts eines nicht versiegenden Flüchtlingsstroms an seinen Küsten hilfesuchend an die europäischen Nachbarn gewandt. Der damalige Innenminister Friedrich habe die Angelegenheit als „italienisches Problem“ bezeichnet.
Ein Standpunkt, soviel sei mittlerweile klar, auf den man sich nicht mehr zurückziehen könne. Angesichts von Autokratie und Nationalismus sei es für die EU umso wichtiger, eine gemeinsame Agenda auf der Basis menschenrechtsorientierter Politik zu entwickeln. Dazu gehörten zwingend auch Klimaschutz und eine Ausweitung der Entwicklungshilfe. Nur dadurch, so Özdemir, ließen sich Fluchtursachen nachhaltig bekämpfen und damit auch Frieden und Wohlstand in Europa sichern. Mauern und Abschottung, so der ehemalige innenpolitische Fraktionssprecher der Grünen im Bundestag, seien als Instrumente der Migrationssteuerung auf Dauer untauglich. „Oder glaubt jemand ernsthaft, dass man Menschen, die vor Krieg und Hunger fliehen, dauerhaft mit Mauern ausgrenzen kann?“
Womit Özdemir bei Ungarns Staatschef Viktor Orbán war, der für Mauern und Abschottung eintritt. Dass die bayerische Regierungspartei ausgerechnet zu Orbán ein kameradschaftliches Verhältnis pflegt, war ihm angesichts einer zuletzt immer wieder ins Spiel gebrachten schwarz-grünen Koalition im Freistaat folgende Bemerkung wert: „Wenn die CSU Orbán trifft, dann doch bitte nicht nur für schöne Bilder. Sondern auch dafür, dass man jemandem den Kopf wäscht, der zwar die Hand für die Gelder aus Brüssel aufhält, aber daheim die Demokratie abschafft.“
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