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18.01.18 –
„Die ärztliche Versorgung ist neben der Kinderbetreuung und der Schule einer der wichtigsten Parameter, damit das Leben auf dem Land funktioniert“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, Ulrich Leiner, bei einem Informationsabend der Landkreis-Grünen im „Milano“. Damit sei sie auch ein wichtiges Thema für die Politik. Zu Gast waren die niederbayerischen Repräsentanten der kassenärztlichen Vereinigung (KV), die die Grünen-Politiker sehr ausführlich und transparent informierten.
Während die zunehmenden Probleme bei der Hausarztversorgung verschiedene Ursachen haben – etwa bei der Auswahl der Medizinstudenten oder beim Bereitschaftsdienst – ist die überproportionale Ballung von Fachärzten in kreisfreien Städten wie Landshut oder Passau ein echtes Ärgernis für die Bewohner der umliegenden Gemeinden. Erst 2017 hat eine Frauenärztin ihren Sitz von Vilsbiburg nach Landshut verlegt, weil sie lieber zu Fuß zur Arbeit gehen wollte. Ebenfalls unvergessen ist der Verkauf des Vilsbiburger Orthopädie-Sitzes an eine Großpraxis in Landshut; die Praxis wurde geschlossen und der Patientenstamm nach Landshut verlegt.
Für Veränderungen dieser Art ist die KV nur begrenzt verantwortlich. Die Entscheidung zur Verlagerung eines Arztsitzes obliegt dem Zulassungsausschuss. Das ist ein Selbstverwaltungsgremium mit Haus¬und Fachärzten sowie Vertretern der Krankenkassen, auf das die KV keinen Einfluss hat, „auch wenn man so eine Entscheidung durchaus als unglücklich sehen kann“.
Und so zeigte die Karte durchgehend für alle Facharzt-Bereiche eine hohe Ärztedichte in Landshut sowie vereinzelte Niederlassungen im Landkreis, meistens in den Städten Vilsbiburg oder Rottenburg. Das ist bei Augenärzten ebenso wie bei Hautärzten, Frauenärzten, HNO-Ärzten und so weiter. Die Orthopäden schließlich konzentrieren sich komplett auf das Oberzentrum – 17 in Landshut und einer in Ergolding. „Und trotz dieser Ballung muss man auch noch ewig auf einen Termin warten“, lautete eine Klage der Politiker.
Der Schwerpunkt der KV-Aufgabe, die ärztliche Versorgung in allen Regionen sicherzustellen, liegt derzeit ohne Zweifel auf dem Hausarzt-Sektor. Wie berichtet, droht in der Region Vilsbiburg eine deutliche Unterversorgung mit 5,5 freien Arztsitzen, ebenso in Essenbach mit 2,5. „Unser Hauptziel ist es, die Praxisnachfolge zu organisieren“, sagte Anton Altschäffl, Teamleiter für die Präsenzberatung der KV in Niederbayern. Dazu gebe es Existenzgründerseminare, finanzielle Förderprogramme und vor allem eine individuelle Beratung: Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit sei er gut vernetzt und könne ansiedlungswillige Jungärzte und abgabewillige Praxen ins Gespräch bringen: „Ich sehe deutliche Anzeichen, dass sich das System wieder erholt. Positive Auswirkungen wird auch die Umorganisation des Bereitschaftsdienstes haben“, sagte Altschäffl.
Schwierig werde es nur, wenn – wie in der Gemeinde Obersüßbach, deren Bürgermeisterin Helga Kindsmüller ebenfalls an dem Treffen teilnahm – der Allgemeinarzt plötzlich sterbe. Auf die Schnelle sei ein Nachfolger kaum zu finden und wenn eine Praxis längere Zeit verwaist sei, wanderten die Patienten ab.
In diesem Zusammenhang kam man auf die Auswahl der Medizinstudenten zu sprechen. Der Umstand, dass man nur mit einem ausgezeichneten Abiturzeugnis zu einem Medizinstudium in Deutschland zugelassen werde, führe dazu, dass bevorzugt ehrgeizige junge Leute mit dem Ziel einer guten Karriere – davon etwa 70 Prozent junge Frauen – Medizin studierten: „Das ist eine andere Generation, und die meisten von ihnen verspüren wenig Lust, eine Landarztpraxis zu betreiben“, sagte Dr. med. Gerald Quitterer, regionaler Vorstandsbeauftragter der KV für Hausärzte. Viele gingen nach dem Studium sogar in die Industrie oder ins Ausland.
Wer einen Abiturschnitt nahe der Note 2 habe, müsse sieben Jahre auf einen Studienplatz warten – was nicht viele machten. Kinder deutscher Ärzte ohne 1,0-Abitur studierten dank einer elterlichen Finanzspritze im Ausland Medizin, „aber die nehmen den dortigen Medizinern die Plätze weg“. Auf die Nachfrage, warum denn die Studienplatzvergabe so sehr an den Abiturschnitt gebunden sei und nicht durch weiche Faktoren – etwa die medizinische Eigung, die sich durch Praktika feststellen ließe – optimiert werden könne, antworteten die Fachleute: „Das Auswahlverfahren muss rechtssicher sein. Eignungstests müssten immer einer Klage standhalten.“
Aber hier hat das Bundesverfassungsgericht gerade ein Urteil gefällt, dass das Zulassungsverfahren zum Medizinstudium jetzt überarbeitet werden muss.
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