B 15neu – ein Faktencheck!

08.11.22 –

Wo kommt sie her die jetzige Verkehrsbelastung in Landshut?

Der Fernverkehr dürfte als wesentliche Ursache wohl eher ausscheiden! Die gerade erst veröffentlichten Zahlen sprechen Bände! Im Oktober 2022 informierte die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt): „...die Verkehrsbelastung auf Bundesfernstraßen in 2021 [sank] gegenüber 2015 im Mittel um rund 8 Prozent.“ Nur einen Monat später (am 1.11.2022) titelte die Landshuter Zeitung: "Nur Verkehrssektor verfehlt Klimaziele". Das muss zu denken geben! Trotz zurückgegangener Verkehrsbelastungen hinkt der Verkehrssektor dennoch weit hinter den Klimazielen her. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Der Expertenrat für Klimafragen wird da noch deutlicher und stellt fest, "dass das vom BMDV [Verkehrsministerium] vorgeschlagene Sofortprogramm laut eigener Einschätzung des BMDV zwar emissionsmindernde Wirkung entfaltet, aber nicht die Bedingung an ein Sofortprogramm gemäß § 8 Abs. 1 KSG [Klimaschutzgesetz] erfüllt." [1] Das ist absolut bedenklich und macht offensichtlich, dass im Verkehrsministerium die dafür notwendige Neuausrichtung der Prioritätensetzung noch nicht hinreichend erkannt ist. Für den Raum Landshut hätten wir da für das Verkehrsministerium einen zielführenden Vorschlag: Stoppt die B 15neu an der A 92 und widmet dafür die entsprechenden Gelder einem klugen Ausbau des ÖPNV zusammen mit der Radwegeinfrastruktur in Stadt und Landkreis Landshut.

Was bedeuten diese neuen Zahlen konkret für die Region Landshut?

Blicken wir einen Moment zurück in das Jahr 2015. Der Gemeinderat in Adlkofen war damals dabei sich für das sogenannte Dialogforum Ost-Süd-Umfahrung Landshut in Sachen B 15neu zu positionieren. Dieses unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagende Gremium war im Umfeld der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplanes 2030 aus der Taufe gehoben worden, nachdem die Staatskanzlei sich gegen ihren damaligen Verkehrsminister gestellt hatte und die zunächst „als nicht realisierbar“ von der Projektliste gestrichene B 15neu erneut als Projekt zum Bundesverkehrswegeplan anmelden ließ.

Im Rahmen dieses Gesprächsformats durfte im weiteren Verlauf einen bunter Blumenstrauß an Trassenvarianten diskutiert werden. Ein Unterfangen, das von Beginn an ohne jegliche Relevanz für den in Aufstellung befindlichen Bundesverkehrswegeplan 2030 war. Der Freistaat hatte ja bereits die Trasse 1a als Projekt angemeldet und in Bezug auf den Planungsstand auf den genehmigten Vorentwurf von 2012 Bezug genommen, welcher der derzeit in Planung befindlichen Trasse 1c zum Verwechseln ähnlich ist. Nebensächlich bei solch einem Zufall erscheint es da fast noch zu erwähnen, dass die Trasse 1a im späteren Raumordnungsverfahren als nicht raumverträglich ausgeschieden war.

Doch wo ist hier die Verbindung zu den Zahlen zur Verkehrsbelastung auf Bundesfernstraßen?

Im Vorfeld der Sondersitzung des Gemeinderates fand damals im Juni 2015 ein Vortrag zum Planungsstand der B 15neu bzw. der Ost-Süd-Umfahrung Landshut statt. Darin beleuchtete Hans-Jürgen Withopf (heute Sprecher unserer GRÜNEN-Fraktion im Gemeinderat) unter anderem auch verkehrliche Aspekte dieses Bundesfernstraßenprojektes. Außerdem wurden während des Vortrages die Fernverkehrsströme auf den Bundesstraßen 15 und 299 näher betrachtet. Graphik Nummer 1 gibt die damalige Analyse für den Zeitraum 1970 bis 2010 wieder. Schon damals deuteten die Zahlen auf keinen nennenswerten Einfluss des Fernverkehrs auf die verkehrliche Belastungssituation der Stadt Landshut hin.

Bezogen auf die B 15 ließen die durchschnittlichen täglichen Verkehrsmengen an den Zählstellen zwischen Neufahrn in Niederbayern und der A 92 für die Jahre 2000 und 2010 keine wesentliche Verschärfung der Belastungssituation vermuten. 2010 betrug die verkehrliche Belastung bei Neufahrn in Niederbayern durchschnittlich 6.980 Fahrzeuge pro Tag. Ähnliches war südlich von Landshut auf der B 15 zwischen der Einmündung Großstockach und der Einmündung bei Taufkirchen (Vils) mit der B 388 zu vermelden. Bei Taufkirchen betrug 2010 die Belastung 6.577 Fahrzeuge pro Tag. Damit lagen die Belastungswerte in Neufahrn und Taufkirchen sogar deutlich unter dem Durchschnittswert für Bundesstraßen für das gesamte Niederbayern. Ein ähnliches Bild ergab sich für die B 299. Im Jahr 2010 waren an der Zählstelle bei Siegenburg (A 93) durchschnittliche Belastungen mit 5.988 Fahrzeugen pro Tag zu verzeichnen. Südlich von Landshut im Bereich der Zählstelle bei Bodenkirchen betrug sie gerade noch 4.811 Fahrzeuge.



[Graphik 1: Folien zur Verkehrsentwicklung aus dem Vortrag zur B 15neu vom Juni 2015]

Wenn es der Fernverkehr aber nicht ist, welcher Verkehr ist es dann?

Der damalige Vortrag gab hierzu mehrere und deutliche Hinweise. Als Beispiel von damals sei hier Folgendes genannt: Anhand von Zahlen des Statistischen Landesamtes vom 30.06.2013 wurde die Bedeutung des Quell- und Zielverkehrs für Belastungssituation auf den Straßen der Stadt Landshut ersichtlich, die sich werktäglich in 22.478 Einpendlern in das Stadtgebiet und 12.721 Auspendlern aus dem Stadtgebiet manifestierte. Viele Menschen fahren aus unterschiedlichen Richtungen nach Landshut hinein, um dort ihrer täglichen Arbeit nachzugehen. Ebenso fahren viele aus dem Stadtgebiet speziell in die nördlich an Landshut angrenzenden Industrie- und Gewerbegebiete von Altdorf oder Ergolding. Da die Siedlungsstruktur hier ineinander übergeht, merken viele wahrscheinlich gar nicht, dass sie gerade ausgependelt sind.

Und wie ist die Situation heute?

Gerade erst wurden die Ergebnisse der Verkehrszählung für das Jahr 2021 veröffentlicht. Für die B 15 und die B 299 sind diese in den Graphiken 2 und 3 ersichtlich. Die jeweilige Darstellung wurde dabei ergänzt um die Verkehrszählungen aus den Jahren 2015 und 2021. Die stets von den Befürwortern eines Weiterbaus bemühten Prognosen, die deutliche Steigerungen des Verkehrsaufkommens an die Wand malen, lassen sich für die lezten 10 Jahre so nicht verifizieren.


[Graphik 2: DTV-Werte auf der B 299 zwischen den Zählstellen AS Siegenburg (A 93) und Bodenkirchen (B 388)]

Wieder zeigt sich, das der Fernverkehr auf beiden Bundesstraßen keine wesentliche Bedeutung für die verkehrlichen Belastungen der Stadt Landshut hat. Sowohl die bei der B 15 als auch an der B 299 gemessen Werte geben keinen Anlass, davon auszugehen, dass die Bedeutung des Fernverkehrs entscheidend zugenommen hätte. Es darf dabei auch nicht vergessen werden, das in Stadt und Landkreis in den Jahren 2015 bzw. 2021 deutlich mehr Menschen gelebt haben als noch in den Vergleichszeiträumen zuvor. Ein Faktor, der sich punktuell bis zu einem gewissen Grad in den Zahlen des örtlichen Verkehrsgeschehens niederschlagen sollte. Aus diesem Bevölkerungsansteig lassen sich aber aus den Zahlen der beiden Graphiken allerdings keine Belege für eine verstärkte Fernverkehrswirkung die jeweiligen Bundesstraßen ableiten. Mit 7.144 Fahrzeugen pro Tag für das Jahr 2021 bei Taufkirchen lag die Belastung an der B 15 weiterhin deutlich unter dem Durchschnitt für Niederbayern. Gleiches galt für das Jahr 2021 in Bezug auf die B 299 mit den Belastungswerten von 6.068 Fahrzeugen täglich bei Siegenburg und 6.649 Fahrzeugen täglich bei Bodenkirchen.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, von welchen Größenordnungen wir hier sprechen: Auf der Staatsstraße 2045 von Schweinbach nach Adlkofen bewegten sich 2015 täglich 5.795 Fahrzeuge. Die aktuellen Zahlen sind bisher noch nicht veröffentlicht. Was aber bekannt ist, ist dass seit 2015 die Bevölkerungszahl Adlkofens um gut 350 Einwohner*innen gestiegen ist.



[Graphik 3: DTV-Werte auf der B 15 zwischen den Zählstellen Neufahrn i. NB (St 2142) und Einmündung B 388 Taufkirchen (Vils)]

Die dargestellten Belastungszahlen für die B 15 machen aber auch sichtbar, dass sich gerade im innerstädtischen Bereich von Landshut über die Jahrzehnte immer wieder erhebliche Verschiebungen bei der Verteilung der Verkehre ergeben haben. Diese weisen deutlich größere Schwankungsbreiten auf als, dass diese mit dem Fernverkehr der betreffenden Bundesstraßen in Verbindung gebracht werden könnten. Im innerstädtischen Bereich ist festzustellen, dass an den Zählstellen Landshut Rupprechtstraße oder Landshut (B 11) ein deutlicher Rückgang gegenüber den Jahren 2000 und 2010 zu verzeichnen ist. Für das Jahr 2015 liegen hier leider keine Vergleichswerte vor.

Fazit:

Die Notwendigkeit eines Weiterbaus der Bundesfernstraße B 15neu (Ostumfahrung) erscheint anhand dieser Zahlen in Bezug auf die Fernverkehrsentwicklung nicht plausibel begründbar – weder in Bezug auf die Verkehrsbelastungen auf der B 15 als auch denen auf der B 299. Die 35.199 Ein- und Auspendler auf Landshuts Straßen (Stand: Juni 2013) werden sich kaum auf einer gut zehn Kilometer vom Landshuter Stadtzentrum entfernt befindlichen Ostumfahrung wiederfinden. Wer würde solche Umwege in Kauf nehmen - von den Spritkosten, deren Umweltauswirkungen und dem höheren Zeitaufwand gar nicht zu reden. Es ist damit auch weiterhin nicht erkennbar, wie diese eine Entlastungswirkung auf den Quell- und Zielverkehr begründen sollte. Die Zahl der Ein- und Auspendler dürfte im Jahr 2022 zudem nicht kleiner geworden sein. Die Einwohnerzahlen sowohl der Stadt Landshut als auch des Landkreises sind von 2013 bis 2022 angestiegen.

Quellen:

[1] Expertenrat für Klimafragen: Prüfbericht zu den Sofortprogrammen 2022 für den Gebäude- und Verkehrssektor, https://expertenrat-klima.de/content/uploads/2022/08/ERK2022_Pruefbericht-Sofortprogramme-Gebaeude-Verkehr.pdf

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